Die Herrenmühle – unmittelbar am östlichen Ufer der Trave gelegen und damit zur Gemarkung “Groß Gladebrügge” gehörig – hat als eine von drei Mühlenbetrieben des Klosters Segeberg nach Eintragungen im Segeberger Amtsregister bereits 1537 bestanden. Unterlagen über das genaue Gründungsjahr und den Gründungsvorgang sind hier nicht bekannt.
Die Mühle war hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Funktion aufs Engste mit der um die Mitte des 12. Jahrhunderts begonnenen Besiedlung des Segeberger Umfeldes verbunden. Gemäß einer Urkunde aus dem Jahr 1604 wurde sie als “königliches Zeitpachtstück” bezeichnet. Es ist anzunehmen, dass sie stets verpachtet war. Deren Grundherr war der Schauenburger Graf auf der Segeberger Burg, der spätere dänische König.
Verbunden mit der Mühlenpacht waren eine Krugwirtschaft, Brennerei, Brauerei und Mälzerei sowie die Befugnis zum Handel mit Korn, Malz und Mehl. 1730 wurde ein Gastwirtschaftsbetrieb mit einer Branntweinbrennerei eingerichtet. In Verbindung mit dieser Geschäftsausweitung wurde ein neues Krughaus gebaut. In einem Bericht des damaligen Amtes an die Kopenhagener Rentenkammer wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei allen verpachteten Mühlen “gekrügert” werden darf.
Mühlenzwang sicherte Rentabilität
Die aus der Verpachtung der Mühle resultierenden jährlichen Pachteinnahmen waren für die landesherrliche Verwaltung – in diesem Fall für das Amt Segeberg – von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Es lag deshalb im Interesse des Landesherrn, die Rentabilität des Betriebes auf alle Fälle sicherzustellen, und zwar für einen möglichst langen Zeitraum.
Das geschah über den sogenannten Mühlenzwang. Durch diese landesherrliche Anordnung wurden einzelne Ortschaften einer bestimmten Mühle zugewiesen mit der Maßgabe, dass deren Einwohner nur in dieser Mühle ihr Korn mahlen lassen durften. Dieser Mühlenzwang gewährleistete damit eine hinreichende Ausnutzung der Verarbeitungskapazität; er sicherte die Rentabilität des Betriebes. Die sogenannten “Zwangsgäste” waren gleichzeitig zu Hand- und Spanndiensten für den Mühlenbetrieb verpflichtet.
Zu diesen “Zwangsgästen” gehörten aus dem Amt Segeberg: Schwissel, Bebensee, Neversdorf, Krems, Heiderfeld, Fredesdorf, Bark und Todesfelde. Und aus dem Amt Traventhal: Westerrade, Geschendorf, Söhren, Steinbek, Weede, Niendorf, Strukdorf, Stipsdorf, Mielsdorf mit der wüsten Hufe, Altengörs, Neuengörs, Dreggers, Wakendorf, Schlamersdorf, Gr. Gladebrügge und Kl. Gladebrügge.
Häufige Pächterwechsel – Zerstörung im 2. Weltkrieg
Im Laufe der Jahrhunderte gab es zahlreiche Pächter der Mühle. Einige ließen das Gebäude verkommen, so dass es zeitweise nach einem Pächterwechsel zu Neu- bzw. An- und Umbauten am Mühlengebäude kam.
Im Herbst 1940 brannte die Mühle nach einem Fliegerangriff komplett aus. Das Feuer hatte sich sehr schnell in den verschiedenen Stockwerken so sehr ausgebreitet, dass von dem gesamten Mühlengebäude nichts mehr zu retten war. Damit war das Schicksal des mehr als 400 Jahre alten Mühlenbetriebes besiegelt. An einen Wiederaufbau in den Kriegs- und Nachkriegsjahren war nicht zu denken. Von der Mühle blieben nur noch Teile der Umfassungsmauern erhalten, die über viele Jahre den jahrhundertealten Brückenübergang wie eine gespensterhafte Festungsruine säumten.
Umbau zum Wohngebäude ab 1946
Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wurde 1946 vom Erben des damaligen Pächters mit dem Umbau des früheren Mühlengebäudes zu einem zweistöckigen Wohngebäude begonnen. In jahrelanger harter Eigenarbeit – nur mit gelegentlicher Hilfeleistung durch befreundete Handwerker – entstand auf dem Trümmergrundstück ein Neubau auf den Fundamenten der alten Mühle. Mit der Fertigstellung des neuen Wohngebäudes wurde gleichzeitig dafür Sorge getragen, dass die seit Jahrhunderten für den gewerblichen Mühlenbetrieb so wichtige Wasserkraft der Trave weiter genutzt wurde: Statt für das Mahlen von Getreide dann für die Erzeugung von elektrischem Strom.
Mit den im Frühjahr 2025 beginnenden Baumaßnahmen für eine neue Straßenbrücke in Herrenmühle endet die Geschichte der 1870 errichteten Trave-Querung – einst gedacht u.a. als eminent wichtiger Zubringer für Fuhrwerke zum Mühlenbetrieb sowie als Teil der alten Wegstrecke von Hamburg nach Bad Segeberg.
Der stark zunehmende Verkehr setzte dem Bauwerk in den letzten Jahrzehnten arg zu. Nicht zuletzt, weil die Strecke über Schwissel – Herrenmühle – Klein Gladebrügge mehr und mehr zu einer viel genutzten Abkürzung zu den Karl-May-Festspielen sowie zur A20 wurde. Auch gefährdete der Anstieg des LKW-Verkehrs die dauerhafte Standfestigkeit. In den letzten Jahren entwickelte sich die Brücke in Folge verschiedenster baulicher und verkehrlicher Maßnahmen zu einem echten Kuriosum.
– 2007 wurde vorsorglich das Höchstgewicht auf 16t beschränkt, 2011 auf 3,5t und einer Einengung auf 2,5m Breite.
Zugleich gab es eine Tempobegrenzung auf 30 km/h.
– Im Jahr 2013 wurde dann zusätzlich ein Stahlkorsett zur Sicherheit angebracht.
– Im Jahr 2014 kam eine einspurige Befahrung durch eine Ampelanlage hinzu.
– Nachdem jedoch viele Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen die Gewichts- und Breitenbeschränkung mit
entsprechender Beschilderung ignorierten, wurden 2020 Beschränkungssteine als Leitelemente gesetzt, so dass die Brücke nur
tatsächlich einspurig befahren werden konnte.
Da aber auch diese Leitelemente von einzelnen Personen “verschoben” wurden, zog die Verkehrsverwaltung 2021 die “rote Karte”: Seither machen Betonwände die Durchfahrt insbesondere für LKW, landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie Wohnmobile und überbreite PKW unmöglich. Nicht unerwähnt sollte sein, dass seit Ergreifen dieser drakonischen Maßnahme nicht wenige Fahrzeuge hier so manche Beule oder Schramme davongetragen haben. Selbst festgefahrene Fahrzeuge sind keine Seltenheit.
Mit dem Abriss und Neubau der Herrenmühler Travebrücke wird dieses Kuriosum ein Ende finden.